Prolog - Heimkehr


Freitag, 03. April 2015 morgens

 

Verträumt öffnete Rin langsam die Augen und realisierte, dass ihr Flug endlich sein Ziel erreicht hatte. Sie war wieder zu Hause in Japan angelangt.

 Herzhaft gähnend reckte sie sich und strich eine ihrer mittelblauen Ponysträhnen aus ihrem Auge. Sie hatte hüftlange Haare, welche recht glatt, dennoch aber leicht verwuschelt waren. In der Höhe ihrer Ohren standen ein paar kurze widerspenstige Strähnen zur Seite ab und ihre strahlend blauen Augen funkelten voller Erwartung zu ihrer linken Seite aus dem Fenster.

 „Endlich bin ich wieder in einem Land, in dem mich die Leute verstehen“, murmelte sie freudig und konnte es kaum abwarten auszusteigen.

 

Im Flughafen folgte sie der Menge, welche aus ihrem Flugzeug ausgestiegen war, um zum Kofferband zu gelangen. Alleine hätte sie den Weg wohl nie gefunden. Nachdem sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich ihre sieben Sachen beisammen hatte, versuchte sie sich auf diesem riesigen Gelände zu orientieren, um den Bahnhof zu finden. Die Blauhaarige war nämlich leider gezwungen mit der Bahn nach Hause zu fahren. Ihr Vater hatte keine Zeit sie mit dem Auto abzuholen und ihr Bruder war wohl gerade in der Uni.

 Nach einer Weile des Herumirrens blieb sie schließlich genervt stehen, stützte sich mit einem Arm entnervt und erschöpft auf ihrem Koffer ab und jammert: „Was ist das hier für ein Kackladen? Diese Schilder zum angeblichen Bahnhof führen ins Nichts!“

 Wutentbrannt kickte sie gegen ihren Koffer, welcher mit einem dumpfen Geräusch umfiel.

 „Kann ich dir weiterhelfen, junge Dame?“, grinste sie ein blonder junger Mann mit tiefen blauen Augen an, welcher seine Hände auf die Hüften stemmte. Ohne genau wahrgenommen zu haben wer sich da zum Helfen anbot, meckerte die Blauhaarige ungehalten weiter: „Ja! Vielleicht bringen Sie in diesem Labyrinth mal sinnvollere Schilder an! Da verläuft ma-…“

 Erst jetzt schaute die junge Frau dem Blonden ins Gesicht und stockte. Ihre Augen weiteten sich und ihr Gesicht begann unweigerlich zu strahlen: „Saito-nii!!“

 Sofort fiel sie dem jungen Mann in die Arme: „Ich hab dich so sehr vermisst!“ „Das ist ja mal wieder typisch für dich Rin-chan“, lachte er auf und erwiderte die Umarmung, „Hauptsache erstmal meckern.“ „Sei leise, das ist das reinste Labyrinth hier“, blähte Rin gespielt beleidigt ihre Wangen auf.

 Wieder lachte der Blonde: „Blödsinn. Du bist einfach nur zu doof die Schilder richtig zu lesen.“

 Bevor Saito von seiner jüngeren Schwester eine einstecken musste, beeilte er sich lieber, schnappte ihren Koffer und setzte sich schnell in Bewegung in Richtung Bahnhof.

 „Hey warte, baka-nii!“, schnappte sich Rin ihren Rucksack und rannte dem Blonden hinterher, „Wie hast du mich eigentlich gefunden? Und was ist mit der Uni?“ „Hab ich heute sausen lassen. Und dich zu finden war nicht wirklich schwer gewesen. So laut wie du randaliert hast“, zuckte Saito mit den Schultern.

 Wieder brach eine keine Diskussion unter den Geschwistern los. Erst als sie endlich im Zug saßen und Rin von ihrer langen Reise wieder schläfrig wurde, wurde die Diskussion der beiden beendet. Müde gähnend schlummerte das Mädchen an der Schulter des jungen Mannes ein.

 

 Velvet Room

 

Ich vernahm das leise Plätschern von Wasser zusammen mit einer beruhigenden Melodie und ein Geruch von frischem Regen drang in meine Nase. Tief atmete ich ein und genoss den angenehm reinen Duft. Langsam öffnete ich meine Augen, um sehen zu können was ich zuvor nur mit den anderen Sinnen wahrnehmen konnte.

 „Uwah!!“, schrie ich panisch auf und sah mich um.

 Irgendwie befand ich mich in einer Höhle. Allerdings war es nicht irgendeine Höhle, denn sie schien wie ein Raum ohne Ausgang zu sein. Doch das war noch lange nicht das Schlimmste, denn an den Wänden liefen viele kleine Wasserfälle hinab und der Boden des Höhlenraumes stand knöcheltief unter Wasser. Außerdem waren die Wände und auch der Boden mit kleinen blauen Edelsteinen besetzt, welche wohl für die Lichtzufuhr sorgten. Der ganze Raum funkelte in blau.

 Panisch hüpfte ich von einem Bein zum nächsten, denn ich drohte in einem geschlossenen Raum zu ertrinken!

 „Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott, …“, ich wusste nicht wie oft ich diese Worte panisch ausstieß, bis ich von einer Stimme unterbrochen wurde.

 „Willkommen im Velvet Room verehrter Gast“, vernahmen meine Ohren jemandes Worte und schlagartig drehte ich mich suchend im Raum um.

 Da saß doch tatsächlich ein alter Knacker seelenruhig an einem Tisch. Hatte der etwa keine Angst abzusaufen?

 Generell war der Typ recht merkwürdig anzusehen. Er hatte eine spitze lange Nase und seine Ohren waren ebenso recht spitz. Außerdem sahen seine Augen echt creepy aus. Er erinnerte mich ein kleines bisschen an ein Fabelwesen. Haare hatte er auch fast keine mehr auf dem Kopf. Außerdem trug er einen schwarzen Anzug und dazu weiße Handschuhe. Normale Menschen fänden ihn wohl recht gruselig, doch mir war das in diesem Moment völlig egal. Ich hatte immerhin andere Sorgen.

 „Wir ertrinken! Was ist das hier für eine Folterkammer?!“, knallte ich dem merkwürdigen Kauz an den Kopf, doch dieser ließ sich nicht beirren und erzählte einfach weiter: „Dies ist ein Raum zwischen Traum und Realität. Nur jene, die einen Vertrag mit dem Schicksal geschlossen haben, können ihn betreten.“ „Was?!“, begann ich wieder wie wild herum zu hüpfen und fing an die Wände nach einem Ausgang abzutasten, „Wie kommen wir hier heraus?!“ Die Langnase kicherte auf leicht gruselige Art: „Du bist wahrlich ein sonderbarer Gast, Rin Aikawa.“

 Schlagartig riss ich meine Augen auf und erstarrte. Nur langsam konnte ich mich von der Wand losreißen und bewegte meinen Kopf in die Richtung des komischen Kauzes: „W-wer bist du? Woher kennst du meinen Namen?!“ „Ich bin Igor, der Bewohner dieses Velvet Rooms“, erklärte er immer noch ruhig und gelassen, „Und nun richte deinen Blick auf den Boden in diesem besonderen Raum. Du wirst schnell feststellen, dass der Wasserspiegel sich nicht zu verändern vermag.“

 Verwirrt blickte ich gen Boden und musste feststellen, dass er Recht hatte. Das Wasser stieg nicht an. Dennoch war es wirklich mehr als gruselig.

 „Wollen wir uns einmal anschauen was dein Schicksal für dich bereithält?“, kicherte Igor erneut und ein Stapel Tarotkarten erschien wie aus dem Nichts.

 Er forderte mich auf 2 Karten aus dem Stapel zu ziehen und gezwungenermaßen stolperte ich mit zittrigen Beinen auf ihn zu.

 „Ich verstehe nicht was diese komische Show hier soll. Welches Schicksal? Und vorhin sagtest du etwas über einen Vertrag?“, zog ich jammernd wie befohlen 2 Karten heraus, welche nun verdeckt auf dem Tisch lagen.

 Igor deckte die erste auf und erklärte mir das lustige Bildchen: „Der Teufel. Er steht für Verdrängung und Fehler. Du scheinst wohl in deiner Vergangenheit einen Fehler begangen zu haben, den du zu verdrängen versuchst. Ob du wohl auch in Zukunft deine Missetaten verdrängst?“ „Was denn für ein Fehler?“, kapierte ich nicht was er da redete. Doch der alte Mann ignorierte mich und deckte einfach die zweite Karte auf: „Oho, Die Gerechtigkeit. Du wirst lernen Verantwortung zu übernehmen und zu reifen.“

 „Hast du mir grad gesagt ich bin kindisch, gestehe mir meine Fehler nicht ein und übernehme keine Verantwortung?“, versuchte ich mit dem Typen zu diskutieren.

 Allerdings half es nichts, denn er sprach auch weiterhin in Rätseln: „Du wirst schon sehen, was die Zukunft für dich bereithält. Und nun, kehre zurück.“

 Mit diesen Worten wurde der funkelnd blaue Raum langsam schwarz und ich fühlte mich als würde ich in einen Schlaf verfallen. Ich versuchte mich zu wehren, weil das Gespräch für mich noch nicht zu ende war, doch es klappte nicht.

 

Im Zug

 

„Hey!“, schrie Rin wie aus dem Nichts und erwachte aus ihrem Schlaf. Saito, welcher ebenfalls eingedöst war, zuckte schlagartig zusammen und keifte seine Schwester genervt an „Spinnst du? Wieso brüllst du denn plötzlich so?“ „Hä?“, schaute sich die Blauhaarige benebelt um, „War das ein Traum?“ „Ja offensichtlich. Nervensäge…“, schnaubte der Blonde und schloss müde seine Augen wieder.

 


Wie fandet ihr das Kapitel?

Über eure Meinung würde ich mich sehr freuen :)

Kommentare: 1
  • #1

    Der Chronist (Sonntag, 12 April 2020 18:10)

    Hey, sehr coole Story ^^
    Werd definitiv weiterlesen <3