Kapitel 14 - Überschwemmung


Freitag, 17. April 2015

 

 

Mit einem lauten Schrei fuhr Rin aus dem Schlaf hoch. Skye, welcher bis eben neben ihr schlief, zuckte gewaltig zusammen und rieb sich daraufhin müde die Augen. Schwer atmend und mit weit aufgerissenen Augen schnaubte sie laut, während ihr die Schweißperlen von der Stirn tropften.

 

„Warum schreist du denn?“, murmelte der Jüngere verschlafen. „Mich hat ein Shadow verfolgt und mit einem Feuerball abgeschossen. Ich konnte Ami deshalb nicht retten und sie ist gestorben“, erklärte sie kurz. „Das war nur ein dummer Traum“, jammerte der Schwarz-Blauhaarige und drehte sich auf die andere Seite, um weiterzuschlafen.

 

Die Blauhaarige dachte noch eine Zeit lang darüber nach, bis ihr auffiel, dass sie ihre Kleidung von gestern noch trug. Je mehr sie darüber grübelte, umso mehr fragte sie sich, wie sie überhaupt ins Wohnheim zurückgekommen war.

 

„He, Skye. Sag mal, wie bin ich gestern ins Wohnheim gekommen?“, legte sie den Kopf schief, „Das letzte woran ich mich erinnere ist, dass ich im Dungeon bleiben wollte. Ich bin nie nach Hause gegangen.“ „Kuro hat dich ausgeknockt und hergeschleppt“, murmelte Angesprochener knapp. „Er hat was?!“, wurde das Mädchen wütend, „Wie kann er es wagen mich einfach umzuhauen?!“ Doch statt einer vernünftigen Antwort ihres Gesprächspartners bekam sie nur ein leises Murren und ein „Ich will schlafen.“

 

Da das Mädchen ausnahmsweise viel zu früh wach war, ging sie erstmal unter die Dusche und machte sich in Gemütsruhe für die Schule fertig.

 

Grade als sie die Treppe hinunterstieg, kam ihr Momiji entgegen. Sie hatte ein Handtuch über den Schultern und komplett durchnässtes Haar.

 

„Guten Morgen, Aikawa-chan“, lächelte sie die Blauhaarige an. Diese antwortete irritiert: „M-Morgen. Wieso bist du so nass?“ „Ach, ich war nur eine Runde schwimmen. Am Morgen ist das Schwimmbad immer leer“, erklärte sie. „Schwimmbad?“, erntete die Blau-Grünhaarige einen unwissenden Blick. „Wusstest du das nicht? Im Keller ist ein Wellnessbereich mit allem Drum und Dran“, deutete das Mädchen mit dem Finger zum Boden, „Jeder hier im Wohnheim darf es nutzen.“ Schief grinsend wich die Blauhaarige jedoch zurück: „Nein danke, lass mal. Ich bin ziemlich wasserscheu.“ „Musst es ja nicht nutzen“, zuckte Momiji mit den Schultern, „Jetzt muss ich aber los, sonst komme ich noch zu spät.“ „Na dann aber schnell“, lachte die Blauhaarige. „Wir sehen uns ja später. Mach‘s gut Aikawa-chan“, zog die Durchnässte an ihr vorbei.

 

Schnell drehte sich nach unten Gehende nochmal um: „Nenn mich doch einfach nur Rin.“ Auch Angesprochene wandte sich nochmal herum: „Gerne. Dann nenn du mich auch beim Vornamen, Rin.“ Freudig grinste sie: „Wird gemacht, Momiji.“

 

Kurz darauf verabschiedeten sich die beiden Schülerinnen voneinander und gingen ihrer Wege.

 

 

 

Herzhaft gähnend hatte Rin ihren Fensterplatz in der Klasse eingenommen, als eine ihrer Mitschülerinnen aufgebracht in den Raum gestürmt kam. Deutlich hörbar tuschelte sie mit den anderen Mädels: „Ihr werdet es nicht glauben, aber der Suzuki-Prinz kommt heute endlich wieder in den Unterricht.“ „Ehrlich?“, hakte die Eine nach, während eine Andere kritisch nachfragte: „Was macht dich so sicher?“ „Ich habe ihn vorhin mit Schulbüchern in der Hand gesehen“, erklärte sie schnell.

 

Neugierig wie die Blauhaarige war, stieß sie zu der kleinen Mädchengruppe hinzu und versuchte mitzureden. Sie hörte nun schon zum zweiten Mal von besagtem Prinzen und konnte sich absolut keinen Reim darauf bilden wer das sein sollte. Es musste scheinbar einer von Kuros Verwandten sein, der ebenfalls diese Schule besuchte. Aber wer? Abgesehen davon konnte sich Rin kaum vorstellen, dass dieser Fiesling einen prinzenhaften Verwandten hatte. Vielleicht war es ja auch gar kein Schüler, sondern einer der Lehrer? Das machte jedenfalls in den Augen der Blauhaarigen am meisten Sinn.

 

„Wer soll denn dieser Suzuki-Prinz sein?“, unterbrach die Neugierige ziemlich direkt das Gespräch der aufgebrachten Hühner. Diese hingegen sahen die Unwissende kritisch an: „Ist das dein Ernst? Du kennst ihn nicht?“ Eine Andere nickte: „Jeder hier kennt ihn.“ „Er ist wie ein unerreichbarer Märchenprinz. Herzensgut, gutaussehend, klug und stark“, schwärmten sie weiter.

 

Genauso schlau wie vorher hob Rin eine Augenbraue und musterte den Mädchenhaufen äußerst kritisch.

 

„Die haben doch alle einen Dachschaden“, murmelte sie vor sich hin, „Als ob es so einen Kerl geben würde. Wir sind doch nicht im Manga.“

 

„Na ja, solange ihr nicht von Kuro redet, ist es mir eigentlich egal. Der Kerl ist nämlich das Letzte“, schnaubte die Oberschülerin laut. „Wer soll das denn sein?“, nahm eine der Hühner das Gespräch wieder auf. Rin hingegen winkte nur ab: „Ach niemand besonderes. Vermutlich nur ein Verwandter eures Prinzen. Einer von der fiesen Sorte.“ „Der Prinz kann gar keine böswilligen Verwandten haben. Dazu ist er viel zu nett“, bekam sie eine empörte Retourkutsche.

 

Erneut musste die Blauhaarige genervt seufzen und feststellen, dass sie gegen die geschlossene Front dieser Fangirls nicht ankam.

 

Erst als es klingelte und der Lehrer hereinkam, löste sich der Mädchenhaufen zwangsweise auf. Von besagtem Prinzen war jedoch keine Spur.

 

Als die zweite Schulstunde heranbrach und Rin mit müden Augen versuchte dem Unterricht zu folgen, wurde sie durch ein lautes Klopfen an der Tür plötzlich hellwach. Erwartungsvoll starrte die Klasse nun zum Eingang, als dieser geöffnet wurde.

 

„Entschuldigt die Verspätung“, kam es knapp vom Neuankömmling.

 

Im selben Moment begann die halbe Klasse zu tuscheln und wurde ziemlich unruhig. Wobei sich Rin nicht sicher war, ob die Unruhe Freude oder Ärgernis mit sich brachte. Während die Mädchen sehr aufgebracht und freudig wirkten, schnaubten viele der Jungs genervt, rutschten tiefer in den Stuhl oder befassten sich intensiver mit den Schulaufgaben. Insgesamt war es ein recht eigenartiger Anblick, der sich der Neuen gerade bot. Das war allerdings eher eine Nebensache, denn vielmehr starrte sie den neu Hinzugekommenen Kerl an. Es war kein geringerer als Kuro, welcher soeben wieder die Tür hinter sich schloss und auf dem freien Platz direkt neben Rin platznahm.

 

„Was machst du hier?“, knirschte die Blauhaarige mit den Zähnen und sah ihn deutlich böse an. „Lernen?“, grinste er sie freundlich an.

 

In seinem Grinsen hätte ein Außenstehender keine böswilligen Hintergedanken lesen können. Das Mädchen jedoch wusste ganz genau, dass er sie auf die Palme bringen wollte.

 

„Du weißt genau das ich das nicht meinte“, keifte sie ihn leise an, „Seit wann bist du in dieser Klasse? Und warum bist du die ganze Zeit nicht hier gewesen?“ „Ich hatte eben einiges zu tun“, zuckte er mit den Schultern und packte seine Unterrichtsmaterialien aus.

 

Verärgert über seine schwammigen Aussagen, wandte sich die Schülerin vom Schwarzhaarigen ab und versuchte sich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren. Dabei spürte sie durchweg grimmige Blicke ihrer Mitschülerinnen. Was war bloß los mit ihnen? Zuerst hatten sie von einem Prinzen geredet, dann kam Kuro herein, aber angeblich kannten sie niemandem mit diesem Namen und jetzt schienen die Mädels aus irgendeinem Grund sauer auf sie zu sein. Und wer der blöde Prinz sein sollte wusste sie auch immer noch nicht. Ihr neuer Sitznachbar totsicher nicht. Oder doch?

 

„Wo ist der Anstecker, den ich dir gegeben habe?“, ertönte leise die Stimme des Schwarzhaarigen, „Du hast den doch nicht ernsthaft verloren, oder?“ Ein böser Blick traf den Suzuki-Erben und leise zischte Angesprochene: „Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Er ist im Wohnheim.“ „Wieso steckst du ihn nicht an?“, verstand er nicht. Mit verschränkten Armen lehnte sich die Blauhaarige im Stuhl zurück: „Weil ich ihn grade nicht brauche. Ich bin nicht bei der Arbeit.“

 

Seit sie auf ihrem ersten Botengang von diesem Phoenix bedroht wurde, machte es ihr etwas Angst den Suzuki Anstecker offen zu tragen. Er bedeutete, dass die Schülerin einen gewissen Wert hatte und leichter zum Opfer solcher Typen werden konnte. Das wollte sie lieber vermeiden.

 

„Du bist immer bei der Arbeit, also trag ihn bei dir“, befahl Kuro kompromisslos. „Ich bin nicht dein Sklave“, knurrte die Blauhaarige ihn an. „Mach‘s einfach“, wandte er sich wieder von ihr ab und das Gespräch war beendet.

 

 

 

Als es endlich zur Mittagspause klingelte, stand der Schwarzhaarige direkt auf und drehte sich nochmal zu Rin um: „Hol mir was aus der Cafeteria und komm dann ins Schülerratszimmer.“ „Wieso sollte ich?“, protestierte das Mädchen.

 

Doch es brach keine Diskussion los. Stattdessen wurde sie ignoriert und der junge Mann verließ, umlagert von seinen Mitschülerinnen, den Raum. Sie boten ihm ihre Hilfe an oder fragten ihn, ob er mit ihnen zu Mittag essen würde. Allein bei dem Gedanken lief der Blauhaarigen ein eisiger Schauer den Rücken hinunter und sie schüttelte sich.

 

Nach kurzem Überlegen machte sie sich dann aber auch auf den Weg. Zwar wollte sie ihm kein Mittagessen organisieren, jedoch war ihr auch klar, dass es in gewisser Weise ihr Job war seine Aufträge auszuführen. Etwas Besseres hatte sie sowieso nicht zu tun.

 

Grade als sie mit ihrer mitgebrachten Bentobox und dem gekauften Essen für Kuro auf dem Weg ins Schülerratszimmer war, wurde sie auf halbem Weg von zwei Mädels ihrer Klasse belagert. Mit verschränkten Armen standen sie vor der Blauhaarigen und blockierten ihr den Weg: „Was hast du mit dem Suzuki Prinz zu schaffen?“ „Nichts?“, blickte die Oberschülerin völlig überrumpelt zu den beiden Mädchen, „Ich kenne ihn doch nicht mal.“ „Lüg uns nicht an! Im Unterricht habt ihr doch die ganze Zeit getuschelt“, bekam der Neuzugang an den Schultern einen Schubser und taumelte eins, zwei Schritte zurück. „Meinst du Kuro? Ist er etwa euer sogenannter Prinz?“, verstand das Mädchen noch immer nichts, „Seid ihr masochistisch veranlagt?“ „Wie kannst du ihn so schamlos anreden?! Noch dazu mit einem so niederen Namen?“, schienen ihre Mitschülerinnen völlig empört. „Zeige ihm gefälligst Respekt und nenne ihn Suzuki-sama! Und wage es ja nicht ihm zu nahe zu kommen!“, wurde Rin bedroht. Diese jedoch blieb erstmal standhaft: „Ich nenne ihn wie es mir gefällt. Und ob ich diesem Idioten nahekomme oder nicht, geht euch nichts an. Außerdem lässt es sich nicht vermeiden, dass ich ihn jeden Tag sehe, denn ich arbeite für ihn!“ „Du gehörst also tatsächlich zum niederen Volk?“, schritt eine der beiden direkt vor das Mädchen und packte sie am Kinn, „Wie auch immer du es geschafft hast dich bei ihm einzuschleimen, du wirst es noch bereuen.“

 

Damit war für die Übeltäterinnen das Gespräch beendet und sie stießen das Mädchen unsanft zu Boden. Dabei fiel Rins Bento so unglücklich herunter, dass es aufging und sich über dem Fußboden verteilte. Doch das war noch nicht genug, denn ihre Klassenkameradinnen traten bei ihrem Abgang nochmal absichtlich auf das herumliegende Essen. Auch über das Mittagessen für Kuro liefen sie gradewegs drüber.

 

Kaum waren die Mobberinnen um die nächste Ecke gebogen, kam Momiji zur Blauhaarigen geeilt: „Ist alles in Ordnung?“ „Hast du das mitbekommen?“, hockte Verspottete noch immer auf ihren vier Buchstaben. Kurz haderte die Blau-Grünhaarige mit sich: „J-ja habe ich. Tut mir leid, dass ich nicht eingegriffen habe.“

 

Man merkte, dass es ihr wirklich leidtat. Verübeln konnte Rin es ihr jedenfalls nicht. Eher versuchte sie derzeit ihre Gedanken zu ordnen. Sie verstand noch nicht so recht warum ihre Mitschülerinnen so fies zu ihr waren. Eigentlich hatte das Mädchen doch gar nichts verbrochen, oder? Für ihre Herkunft konnte sie ja nichts und dass sie den Suzuki-Erben kannte und für ihn arbeitete, war nicht unbedingt ihr Wunsch.

 

„Ach, die sind doch total durchgeknallt“, sprang die Blauhaarige wütend auf, „Das war mein Mittagessen!“

 

Perplex schaute die Jüngere zu, wie Gemobbte sauer rummurrte und das herumliegende Essen aufsammelte. Kurz darauf fasste sie sich allerdings wieder und half ihr schnell beim Aufräumen.

 

„Wenigstens ist Kuros Essen noch halbwegs heil“, hielt Rin die Tüte mit dem zertrampelten Essen in die Höhe. „Ich bezweifle, dass er das noch essen wird“, legte Momiji kritisch den Kopf schief. Ihr Gegenüber lachte nur herzhaft: „Wenn er nicht will, dann esse ich es eben.“

 

„Du bist wirklich stark“, murmelte die Blau-Grünhaarige leise, als sich beide wieder auf den Weg zum Schülerrat begaben. „Hast du was gesagt?“, hatte sie ihre Kollegin nicht recht verstanden. Diese schüttelte nur den Kopf: „Nein, nein. Nur ein kleines Selbstgespräch.“

 

 

 

„Das macht dann 6000 Yen (ca. 50 Euro)“, schmiss Rin die Tüte mit Kuros Mittagessen direkt vor seine Nase. „Was soll das denn sein?“, blickte der junge Mann das zermatschte Gericht angewidert an. Kurz überlegte die Blauhaarige: „Ziemlich überteuerter Curryreis mit Schnitzel.“ „Das sehe ich auch“, keifte er sie an. „Iss es, oder lass es. Nur gib mir mein Geld wieder“, stemmte sie die Hände in die Hüfte. „Warum hast du das bezahlt? Bist du dumm?“, hob der Schwarzhaarige eine Augenbraue.

 

Noch bevor die Oberschülerin erneut ausflippen konnte, funkte nun Momiji dazwischen: „Wenn du den Anstecker kurz vorzeigst, bekommst du das Essen in der Cafeteria umsonst.“

 

Aus ihrer Strickjackentasche zog sie den Bronzefarbenen Anstecker mit dem Glöckchen darauf, welchen auch die Blauhaarige besaß.

 

„Echt jetzt?“, fiel das Mädchen aus allen Wolken, „Das sagt ihr mir jetzt erst?!“ „Ich hab dir am Anfang erklärt, dass du mit dem Pin diverse Sonderrechte hast. Hör halt zu“, zuckte der Schwarzhaarige gleichgültig mit den Schultern. „Du bist aber nicht ins Detail gegangen“, wurde das Mädchen immer lauter, „Außerdem wusstest du, dass ich das Ding heute im Wohnheim gelassen habe!“ „Ach stimmt ja. Da war was“, fiel es Kuro wieder ein.

 

Kurz darauf setzten sich die neu Hinzugekommenen endlich. Während die Blau-Grünhaarige ihrer Kollegin etwas von ihrem Mittagessen abgab, stocherte der Suzuki-Erbe missmutig in seinem Curryreis herum.

 

„Wo ist dein eigenes Essen hin? Hattest du nicht vorhin noch etwas dabei?“, verstand der junge Mann nicht, wieso sich die Mädels ein Bento teilten. Kurz stockte Angesprochene, fand aber schnell wieder Worte: „Das geht dich gar nichts an.“

 

Unter gar keinen Umständen wollte die Oberschülerin, dass er etwas von der Mobbingaktion gerade eben mitbekam. Es war schon peinlich genug, dass sie gegen diese dämlichen Mädchen so wehrlos war.

 

Noch bevor sich das unangenehme Gespräch vertiefen konnte, ging die Tür auf und Ruri trat herein: „Entschuldigt die Verspätung. Auf halbem Weg haben mir die Lehrer noch Aufgaben aufs Auge gedrückt.“ „Schon okay. Setz dich einfach“, kam es freundlich aus dem Schwarzhaarigen. „Und warum sind wir nun alle hier? Ich habe sicherlich keine Lust mit dir zusammen zu essen“, provozierte Rin mal wieder.

 

„Ich habe heute Nachmittag einen Termin, deshalb werde ich nicht in der Schule sein und kann euch später keine Aufgaben verteilen“, fing er an. Jubelnd wurde er jedoch von der Blauhaarigen unterbrochen: „Juhu wir haben frei!“ „Das glaube ich eher weniger“, grinste die Blau-Grünhaarige schief und Rins Laune sank wieder in den Keller. „Momiji, dich brauche ich wieder im Suzuki Anwesen. Wäre super, wenn du direkt nach dem Unterricht dorthin kommen würdest.“

 

Mit einem kurzen Nicken ihrerseits setzte er fort: „Da ich derzeit einfach zu nichts komme, weil der Schulleiter fehlt, muss ich dir als Schulsprecherin etwas mehr aufs Auge drücken, Ruri. Ich hoffe das ist okay? Du bekommst von mir Rin zur Verfügung gestellt.“ „Ja, mach dir keine Sorgen. Ich hab dir ja damals gesagt, dass ich dich unterstützen werde“, bejahte die Eisblauhaarige sofort. „Danke. Hier sind die Unterlagen, die noch bearbeitet werden müssen“, tippte er einen Stapel Ordner an, welcher unmittelbar neben ihm lag.

 

Noch kurz unterhielt er sich mit den beiden Mädels, während die Blauhaarige gleichgültig vor sich hindöste.

 

Erst als das Klingeln zum Unterricht ertönte wurde sie wieder wach und begab sich zusammen mit Ruri zurück zum Unterricht. Der Schwarzhaarige wollte nachkommen, da er nochmal schnell am Lehrerzimmer vorbeimusste, während Momiji in ihre eigene Klasse zurückging.

 

„Was haben wir jetzt eigentlich?“, dachte Rin laut nach. Die Antwort ihrer Begleiterin kam schnell: „Schwimmen.“ „S-schwimmen?!“, fiel die Oberschülerin aus allen Wolken. „Ist das ein Problem?“, verstand die Eisblauhaarige nichts. „Ich glaub ich schwänze. Auf jeden Fall werde ich nicht in die Nähe dieses Schwimmbeckens gehen“, erklärte sie knapp. „Bist du wasserscheu, oder hast du Angst?“, fragte die Jüngere, „Kannst du dann überhaupt schwimmen?“

 

 

 

Irgendwie hatte es Ruri geschafft den Angsthasen in den Badeanzug zu stecken und nun stand sie zusammen mit ihren Mitschülern in der Schwimmhalle. Innerlich fluchte Rin, dass sie in ihre Sporttasche damals auch den Badeanzug gestopft hatte. Hätte sie das nicht getan, hätte sie nun eine gute Ausrede nicht teilnehmen zu müssen. Aber wie erklärte sie nun, dass sie unter gar keinen Umständen ins Wasser konnte?

 

Während sie überlegte, hörte sie die Mädchen leise tuscheln. Einige schienen enttäuscht darüber, dass ihr Suzuki Prinz abwesend war. Sie hatten tatsächlich recht. Kuro war nirgends zu entdecken. Dabei sagte er, dass er nur schnell was erledigen würde und dann direkt nachkäme. Im Grunde war es ihr aber egal, ob er noch auftaucht oder nicht. Bei ihrem Problem konnte er ihr eh nicht helfen. Besser gesagt, wollte sie ihn nicht um Hilfe bitten.

 

„Okay, auf gehts. Zum Aufwärmen schwimmt ihr bitte zehn Bahnen“, befahl die Schwimmlehrerin und pfiff einmal kurz in ihre Trillerpfeife.

 

Sie hatte schwarzes langes Haar, welches lockig aus ihrem Zopf herauswallte. Dazu sah sie wirklich jung aus und hatte eine Wahnsinns-Figur. Die Jungs hatten totsicher Spaß an diesem Unterricht.

 

„Komm, Aikawa-chan“, zog die Eisblauhaarige das Mädchen am Handgelenk, „Ich helfe dir.“

 

Ein paar wenige Schritte machte Rin, ehe sie standhaft stehenblieb: „Nein, nein, nein, nein. Ich bleib einfach hier. Geh du nur. Das ist keine gute Idee, dass ich da reingehe.“ „Bist du dir sicher? Du brauchst keine Angst vor dem Wasser zu haben. Das tut dir schon nichts. Außerdem bin ich ja auch bei dir“, lächelte Ruri sanft. Ein schiefes Grinsen kam daraufhin zurück: „Glaub mir, es ist wirklich besser, wenn ich einfach hierbleibe.“ „Na gut“, lies sie schließlich von ihr ab und begann damit ihre Bahnen zu schwimmen.

 

„Warum stehst du noch hier?“, kam die junge Frau auf die Schülerin zu. „Na ja… Ich… Also… Ich kann da nicht reingehen, Ayase-sensei“, stammelte die Blauhaarige.

 

Allein beim Anblick der großen Wassermasse hatte sie eindeutig schon genug Adrenalin und Panik angestaut. Unter gar keinen Umständen konnte sie da reingehen. Sie würde sterben vor Angst.

 

„Gibt es auch einen Grund warum du nicht kannst?“, schien die Lehrerin nicht überzeugt zu sein. Der Blick der Schülerin wanderte nervös von einer Ecke in die andere und erneut stammelte sie: „Ich kann nicht schwimmen.“ „Glaubst du wirklich, dass ich dir das abkaufe? Das lernt man bereits in der Grundschule“, drückte sie der Oberschülerin eines der blau-weißen Schaumstoffbretter in die Hand, „Und jetzt ab ins Wasser.“

 

Mit ernstem Blick sah sie Rin an und deutete mit dem Finger aufs Schwimmbecken. In Schockstarre verfallen, blickte die Oberschülerin die Schwarzhaarige panisch an und bewegte sich nicht einen Millimeter. Stattdessen rann ihr der Schweiß unaufhörlich von der Stirn und ihre Hirnzellen ratterten wie wild, um eine gute Ausrede zu finden.

 

„I-ich bin krank“, hustete Rin gekünstelt. Genervt verschränkte die Lehrerin ihre Arme: „Nein, bist du nicht. Wenn du keinen vernünftigen Grund hast nicht schwimmen zu gehen, geh endlich rein und schwimm deine Bahnen. Das wird dich nicht umbringen.“ „Doch wird es“, kam direkt eine Antwort. „Jetzt reichts“, packte sie das Mädchen und ging mit ihr aufs Becken zu.

 

Panisch jammerte diese, strampelte und quiekte herum. Doch es half nichts. Nur wenige Meter vor dem Schwimmbecken, kam plötzlich ein blauer Lichtblitz aus den Umkleiden direkt auf die Blauhaarige zugeflogen. Es war der Saphir, welcher mit voller Wucht in der Hand seiner Besitzerin stoppte. Warum nur kam er plötzlich angeflogen? Sie hatte doch keine andere Wahl als ihn abzulegen. Es war ja nicht so, als hätte sie ihn dort gelassen, weil sie ihn verstieß. Skye erwähnte jedenfalls mal, dass man den Stein ablegen konnte und er nicht wie ein Gummiband zurückschnellen würde, wenn man ihn nicht ablehnte.

 

Da sie jetzt allerdings ihren Saphir wiederhatte, konnte sie ihre vollen Kräfte einsetzen. Dieser Segen war allerdings ihr Fluch, denn durch ihre Panikattacke hatte die Schülerin ihre Kräfte noch viel weniger unter Kontrolle, als sowieso schon.

 

Langsam wurde das Wasser unruhig und leichte Wellen kamen auf, als es die Schwimmlehrerin mit Rin endlich zum Beckenrand geschafft hatte. Mittlerweile kam kaum noch Gegenwehr von der Blauhaarigen, da diese durch den Saphir und die immer stärker werdenden Wellen auf ein neues Problem gestoßen war. Ihre unnötigen Kräfte mussten unbemerkt bleiben. Der Saphir durfte von keinem gesehen werden. Und am Wichtigsten war, dass sie sich unter gar keinen Umständen so sehr verausgabte, dass sie am Ende zum Jungen wurde. Das wäre wohl das Peinlichste was ihr passieren könnte. Ihre Zweifel waren wirklich berechtigt. Wenn Kuro Recht behielt, dann verwandelte sie sich nur, wenn sie sich zu sehr mit ihrer Kraft verausgabt hatte. Und die riesige Wassermenge dieses enorm großen Schwimmbeckens zu bewegen, würde sie ganz sicher sehr erschöpfen.

 

Noch während Rin alle möglichen Gedanken durch den Kopf schossen, hatte es Ayase-sensei bereits geschafft das Mädchen ins kühle Nass zu werfen. Gleichzeitig wandelten sich die leichten Wellen ziemlich plötzlich in Sekundenschnelle in immer Heftigere, bis schließlich das Wasser überallhin schwappte. Schreiend versank die Blauhaarige starr vor Angst wie ein schwerer Stein in den Wellen. Auch ihre Mitschüler gerieten durch den plötzlichen Wellengang total in Panik und schrien. Sie hatten Schwierigkeiten nicht unterzutauchen und zu ertrinken. Einige wurden sogar mit den Wellen aus dem Becken gespült.

 

Sekunden später stoppten die heftigen Wellen wie aus dem Nichts und alles schien wieder wie vorher. Noch während die Schwimmlehrerin starr vor Schreck aufs Becken sah, rappelten sich die Schüler wieder auf, schwammen an den Beckenrand und kamen aus diesem schnurstracks heraus. Im selben Moment kam plötzlich Kuro aus der Jungenumkleide angerannt und sprang äußerst eilig ins Wasser. Suchend sah er sich Unterwasser um und versuchte seine neuste Assistentin zu finden. Er hatte noch sehen können, wie sich das Mädchen sträubte ins Becken zu gehen und von der Lehrerin einfach hineingeworfen wurde. Da schlugen auch schon heftige Wellen auf, welche ihm direkt klarmachten, dass er Handeln musste. Mehr Sorgen bereitete ihm in diesen wenigen Sekunden jedoch eher die plötzlich wiederauftretende Ruhe des Wassers, nachdem es so gewütet hatte. Es war definitiv Rin, welche für das Phänomen verantwortlich war. Doch da es so abrupt endete befürchtete der Suzuki-Erbe nichts Gutes.

 

Damit sollte er auch Recht behalten, denn er fand die Blauhaarige schließlich regungslos am Boden treiben. Jedoch konnte er seinen Atem nicht mehr länger halten und schwamm erstmal wieder an die Wasseroberfläche, um in Windeseile nach Luft zu schnappen und zum Grund des Schwimmbeckens zu tauchen. Am Handgelenk zog er die Schülerin schnell nach oben und hielt sie über Wasser.

 

„Schnell! Sie hat eine Menge Wasser geschluckt und atmet nicht“, hievte er sie über den Beckenrand und forderte die Hilfe der Lehrerin, als er zeitgleich aus dem Wasser sprang und schon neben der Bewusstlosen kniete. Da er nicht darauf warten konnte, bis die Schwimmlehrerin endlich in die Gänge kam setzte er bereits dazu an ihr selbst eine Mund-zu-Mund-Beatmung zu verpassen. Schnell hielt er ihre Nase zu, hob das Kinn etwas an und kam ihr mit seinen Lippen näher, als sie im selben Moment eine große Menge Wasser heraushustete, welches mitten im Gesicht des Suzuki-Erben landete.

 

Nach Luft ringend hustete sie und wurde von Ayase-sensei aufgesetzt: „Ist alles in Ordnung?“

 

Kuro hingegen plumpste erleichtert auf seinen Hintern und strich sich mit einer Hand die nassen Haare aus dem Gesicht. Zwar sagte er nichts, doch konnte man erkennen wie ihm ein Stein vom Herzen fiel.

 

„Kannst du wirklich nicht schwimmen?“, hakte die Lehrerin besorgt nach. Unter Husten erklärte die Oberschülerin knapp: „Hab ich doch gesagt.“ „Tut mir leid. Ich habe diese Ausrede schon zu oft gehört und sie deshalb nicht für voll genommen“, entschuldigte sich die junge Frau bei ihr.

 

„Kannst du sie ins Krankenzimmer bringen, Suzuki-san? Aikawa-chan sollte unbedingt durchgecheckt werden“, bat sie den Retter um Hilfe.

 

Während dieser zustimmend nickte, kam Ruri hinzu, welche sich in ein großes dickes Badetuch gewickelt hatte und zu frieren schien. Sie hatte das Badetuch der Blauhaarigen dabei und legte es dieser um die Schultern. Sofort wickelte sich das Mädchen wortlos darin ein. Sie zitterte stark. Ob vor Angst oder Kälte konnte sie selbst nicht sagen.

 

Daraufhin schnappte sich der Schwarzhaarige die unter Schock stehende und trug sie in seinen Armen zum Krankenzimmer.

 

 

 

In besagtem Raum angekommen, setzte Kuro sie endlich auf einem Hocker ab und sah sich nach der Krankenschwester um. Jedoch war sie nirgends zu sehen. Sie musste wohl grad irgendwo unterwegs sein.

 

„Du bist echt schwer und supernervig. Weißt du das eigentlich?“, murrte der Schwarzhaarige wie immer herum, „Warum hast du das ganze Schwimmbad überschwemmt? Hast du echt so krasse Angst vor ein bisschen Wasser, dass du direkt so sehr ausartest? Du hättest deine Mitschüler töten können! Das ist dir klar, oder?“

 

Statt der erwarteten Retourkutsche, in welcher die Oberschülerin den Suzuki-Erben beschimpfte, kam nichts. Totenstille erfüllte den Raum, als plötzlich ein leises Schniefen ertönte.

 

Als der Schwarzhaarige soeben endlich ein weiteres Handtuch fand, drehte er sich schlagartig wieder zu ihr um: „Heulst du jetzt etwa?“

 

Langsam ging er vor ihr in die Hocke, hängte das gefunden Tuch über ihre nassen Haare und versuchte ihr nach unten hängendes Gesicht zu erspähen. Unaufhörlich rieb sie sich die Augen und wischte die Tränen weg. Sie versuchte wirklich aufzuhören, aber es ging einfach nicht. Kuro hatte Recht. Sie hatte alle in Lebensgefahr gebracht. Es war ganz allein ihre Schuld, weil sie ihre Kräfte nicht unter Kontrolle hatte und weil sie diese höllische Angst vor dem Wasser hatte. Aber wie sollte sie sie bekämpfen? Und wie sollte sie es schaffen diese unheimliche Kraft unter Kontrolle zu bringen?

 

Je mehr sie darüber nachdachte, umso mehr musste sie weinen.

 

„Hey“, kam es dieses Mal sanfter aus dem Schwarzhaarigen, „Zu Beginn hatte ich meine Kräfte auch nicht unter Kontrolle. Wollte ich Blumen zum Blühen bringen, verwelkten sie.“

 

Daraufhin stand er kurz auf, ging zum Fenster und pflückte aus dem Blumenkasten eine noch geschlossene Gerbera. Wieder ging er vor dem Mädchen in die Hocke und versuchte sie vom Weinen abzulenken: „Hier für dich.“

 

Vorsichtig nahm er ihre Hand und drückte ihr die Blume in diese. Für den Moment hörte die Blauhaarige mit Weinen auf und schniefte nur noch etwas.

 

„Pass gut auf“, hielt er ihre Hand, in welcher die Pflanze war. Ganz langsam begann diese damit aufzublühen und wuchs zu einer wunderschönen Blume heran.

 

„Genauso schön wie die Gerbera blüht, wirst auch du eines Tages erblühen und deine Kräfte unter Kontrolle haben und deine Angst besiegt haben. Versprochen“, lächelte Kuro sie lieb an.

 

Sein Versuch der Aufmunterung schien Wirkung zu zeigen, denn sie musste unweigerlich schmunzeln, obwohl ihr noch eine letzte Träne die Wange herunterkullerte. Schnell wischte sie sie ab und sah den jungen Mann daraufhin mit einem gequälten Lächeln an: „Du bist gruselig, wenn du nett bist.“

 

Mit dieser Aussage hatte er nun so gar nicht gerechnet, weswegen er peinlich berührt aufstand und ihr grob mit dem Handtuch durch die Haare wuschelte, um diese zu trocknen: „Und du bist wie immer mega nervig.“ „Aua was machst du da, du Grobian?!“, meckerte sie ihn an. Abrupt hörte er damit auf und zog die Tür zum Gehen auf: „Ich such die Krankenschwester und du bleibst schön hier sitzen, damit das klar ist!“ „Du hast mir gar nichts zu befehlen!“, keifte Rin ihn an.

 

Damit verschwand er aus dem Raum.

 

Kaum war er um die nächste Ecke gebogen, blieb er stehen, schlug mit der Unterseite der Faust gegen die Wand und stützte sich dann mit seinem Unterarm an dieser ab: „Kacke!“

 

Mit der anderen Hand fasste er sich an die Stirn, während er nicht zu wissen schien, ob er sauer war oder nicht. Leise murmelte er: „Ich hab auf ihr herumgehackt, obwohl sie eh schon am Boden war und sie so zum Heulen gebracht. Wie unreif war das denn bitte? Und diese dämliche Aufmunterung erst… So uncool.“

 

Während ihm die Schamesröte ins Gesicht stieg, sackte er langsam zu Boden und blieb in der Hocke sitzen.

 

Im selben Moment kam die Krankenschwester an ihm vorbei: „Suzuki-san? Ist alles in Ordnung? Wieso hockst du hier durchnässt in Badehose rum?“

 

Besorgt ging auch sie in die Hocke und wollte sich um den jämmerlich wirkenden Klops kümmern. Dieser jedoch winkte nur ab: „Alles gut. Im Krankenzimmer wartet eine Patientin.“

 

Etwas unsicher über seine Aussage stand die gute Frau wieder auf und begab sich schließlich zur wartenden Rin.

 

Grade als auch Kuro sich wieder aufrappeln wollte nieste er ziemlich heftig.

 

„Scheiße“, schniefte er und machte sich zurück auf den Weg in die Schwimmhalle. Er brauchte dringend Schuhe und etwas Warmes und Trockenes zum Anziehen.

 

 

 

 

 

 

 


Hallöchen ihr Lieben,
wie in angekündigt, kommt Kapitel 14 einen Tag später als sonst, weil ich noch im "LBM" Urlaub war. Auch wenn das Ganze etwas anders wurde, als ursprünglich geplant. Aber darüber will ich an dieser Stelle lieber keine Worte verlieren, denn das Thema nervt so schon genug. Trotz allem hatte ich einen sehr schönen Urlaub und bin froh meine Freunde mal wieder zu Gesicht bekommen zu haben <3
Zurück zum Thema:
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Dieses Mal kein Dungeon, sondern diverse andere von Rins Problemchen xD
Lasst wie immer gerne einen Kommi da und schreibt mir wie ihr es fandet. Ich freu mich :)
Na, dann. Bis zum nächsten Kapitel ;D

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